Fahrt nach Italien

 

 

 

 

 

Es war an einem stürmischen Abend 1839 in Emden und die Familie Nanninga aß zusammen Abendbrot.
Die jüngste Tochter Hinderina Wilhelmina Nanninga war schon von Aufregung ergriffen, denn morgen würden sie und ihr großer Bruder Gerhard Heinrich, der mittlerweile schon 20 Jahre alt und Maler war, nach Italien fahren. Ihr Bruder war schon dort gewesen, um die Malerei zu studieren. Allerdings wollten sie jetzt dort ihren Vater - einen Seemann, der ein eigenes Schiff besaß, - besuchen. Da sie mit der Kutsche fuhren, würde es ungefähr zwei Monate dauern. Trotz der langen Fahrt freute sich Hinderina schon auf diese aufregende Reise. Als sie, ihre Mutter und der Rest der Familie mit dem Essen fertig waren, stand sie auf und ging in das Zimmer, das sie sich mit ihren drei Schwestern teilte. Sie legte noch ihr Lieblingskissen in die Reisetasche, denn sie wusste, dass sie morgen in aller Frühe aufstehen mussten. Als sie sich in ihr Bett legte - das war schon ziemlich alt - selbst ihr Großvater hatte schon darin geschlafen, quietschte dieses fürchterlich. Langsam wurde sie müde und schlief ein. Am nächsten Morgen etwa gegen vier Uhr morgens weckte sie ihr großer Bruder mit einem unsanften Stoß gegen die Schulter. Rasch aß sie noch einen Laib Brot, den restlichen Proviant für die Reise hatte ihr Bruder besorgt. Da sie aber fand, dass das Frühstück die wichtigste Mahlzeit am Tag war, trank sie auch noch einen Schluck Wasser. Sie eilte hinaus und ihr Bruder half ihr auf die Kutsche. Sie hatte natürlich nichts zum Spielen, so wie wir heute. Nach einigen Stunden Fahrt machten sie die erste Pause und so verlief es fast jeden Tag, bis zu einem gewissen Dienstag etwa nach drei Wochen. Sie fuhren gerade durch ein großes Waldgebiet, als sie einen lauten und bedrohlich nahen Schuss hörten. Verängstigt sah sich Hinderina um. Hinter ihnen kamen einige schwarz gekleidete Männer auf Pferden, einer von ihnen hatte einen Revolver, mit dem er vermutlich geschossen hatte, und die anderen waren mit Messern bewaffnet. Hinderina hielt sich die Hand vor den Mund, um nicht zu schreien. Ihr Bruder Gerhard schob sie zurück auf ihren Sitz und murmelte irgendeinen Fluch, dessen Bedeutung sie nicht kannte. Dann stieg ihr Bruder aus, mehr bekam sie nicht mit, außer dass ihr Bruder lautstark mit den fremden Männern diskutierte. Nach einer ganzen Weile stieg ihr Bruder zurück in die Kutsche. Sein Blick war verschlossen. Sie fuhren weiter, zwar war die Fahrt nicht mehr so langweilig wie zuvor, aber eine bedrückte Stille breitete sich aus. Erst nach geraumer Zeit traute sich Hinderina nachzufragen. Ihr Bruder rang nach Worten, er erzählte, dass die Männer, die sich als Banditen heraustellten, ihm seinen einzigen Wertgegenstand geraubt hatten. Diese Kette hatte er damals, als ihre Großmutter gestorben war, der er sehr nahe gestanden hatte, bekommen. Außerdem hatten sie einiges von ihrem Reiseproviant gestohlen. Sie durchquerten das Waldgebiet, allerdings ohne weitere Schwierigkeiten. Nach einigen weiteren, ungestörten, Wochen kamen sie endlich in Italien, beziehungsweise in Venedig an. Da es gerade Mittag war, und die meisten Leute gerade beim Mittagessen waren, war der Hafen wie leer gefegt. Der kleine Hafen, den Hinderina und ihr Bruder Gerhard bald erreichten, wies nicht besonders viele Schiffe vor, allerdings erkannte man das Schiff des Vaters gut, denn er hatte es ihnen lange beschrieben. Ihr Vater, so dachten sie, würde wohl gerade einige Arbeiten auf dem Schiff verrichten. Ihr Bruder lenkte die Kutsche in eine Nische zwischen zwei Häusern, und schloss die Türen. Dann gingen sie hinunter, bahnten sich ihren Weg zwischen den Menschen und klopften an ein Fenster des Schiffs, von dem sie dachten, dass es jenes von ihrem Vater war. Sie warteten noch eine Weile, dann klopfte ihr Bruder ein zweites Mal, jetzt erschien ein Mann. Er war eine kleine gedrungene Person, ebenfalls humpelte er und man sah ihm an, dass er rauchte. Seine Miene war mehr als deutlich: finster, verschlossen, und er sagte mit tiefer Stimme ziemlich undeutliche Worte in einer fremden Sprache. Gerhard erklärte auf Deutsch und mit einigen Handbewegungen, dass sie einen Mann namens Johann Abrams, ihren Vater, suchten. Er verschwand wieder im Inneren des Schiffs. Nach einer Weile kam er mit ihrem Vater, der allerdings einen viel offeneren und freundlicheren Blick hatte. Als er seine Kinder erblickte, breitete er die Arme aus. Nach einer gegenseitigen, freundlichen Begrüßung lud der Vater sie zu einem Mittagessen ein, da er der Ansicht war, dass die beiden nach einer so langen Reise bestimmt hungrig, aber auch müde waren. Deshalb schlug er vor, erst am nächsten Tag etwas zu unternehmen. Da sie sich so lange nicht mehr gesehen hatten, wurde es noch ein unterhaltsames Mittagessen…

 

 

 

 

 

 

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